Interessantes, Relevantes und Rezepte über die Zitronatzitrone
Text: Karin Bechstein
Der Sündenfall im Paradiesgarten müsste eigentlich dargestellt sein mit Evas Griff nach einer Zitronatzitrone. Wahrscheinlich wurde Eva vom Duft der Pflanze verführt, an der alles Wohlgeruch verströmt: Rinde und Blätter, besonders aber Früchte und Blüten. Im jüdischen Glauben jedenfalls gilt die Zitronatzitrone als der Paradiesapfel, von dem Adam gegessen hat.
Als Jerusalem im Jahr 70 n. Chr. von den Römern erobert wurde, nahmen die vertriebenen Juden diesen Paradiesapfel, auf hebräisch Etrog, mit. Auch in den südeuropäischen Gefilden ihrer neuen Domizile in Spanien und Italien gedieh der Baum ausgezeichnet. Somit war die Zitronatzitrone die erste in Europa eingeführte Zitrusfrucht: Citrus medica var. etrog.
Diese Frucht spielt in der jüdischen Religion eine wichtige Rolle: Zum Erntedank (Laubhüttenfest) gehört unabdingbar ein Feststrauß, bestehend aus Zweigen von Dattelpalme, Myrthe, Weide – und eben einer Zitronatzitrone. Gleichzeitig Früchte und Blüten tragend, sind Zitrusbäume Symbol für immerwährende Erneuerung und ewiges Leben.
Die Zitronatzitrone erfreut sich großen Ansehens in vielen Religionen und Kulturen
In Griechenland war die Zitronatzitrone schon länger bekannt. Alexander der Große hatte sie etwa 330 v.Chr. von einem Feldzug ins Reich der Meder mit nach Hause gebracht. „Citrus medica“ bezieht sich darauf und heißt „Apfel aus Medien“.
In China wird die Frucht oft als Neujahrsgabe verschenkt. Im Buddhismus wird die Sorte „Citrus medica ‘Digitata’ als Opfergabe verwendet. Diese Sorte wird umgangssprachlich „Buddhas Hand“ genannt. Je gekrümmter die einzelnen „Finger“sind, desto angesehener ist die Opfergabe, da die einzelnen Segmente dann an eine geschlossene, betende Handhaltung erinnern.
Die ältesten Zitronatzitronen in Europa gehen auf das Jahr 1537 zurück
In der Renaissancezeit (15./16. Jh.) und im Barock (17. Jh.) konnten sich in Europa nur Könige, Fürsten und reiche Kaufleute Zitruspflanzen leisten. Im Barock entstanden Orangerien, in denen die Kostbarkeiten in Pflanzkübeln überwintert wurden. Sie fanden auch Eingang in Stillleben und anderen Bildern der Zeit, auf denen die Zitrusfrüchte in all ihrer Pracht abgebildet wurden. Die umfangreichste Sammlung mit 500 Zitruspflanzen kann man noch heute in der „Villa Medici von Castello“ in den Hügeln von Florenz besichtigen. Die Sammlung geht auf das Jahr 1537 zurück. Viele dieser Gewächse sind wirklich alt – was umso erfreulicher ist, weil im Laufe der Jahrhunderte viele Arten und Sorten verloren gegangen sind.
Orange, Zitrone, Pomelo, Limette und viele Spezialitäten haben letztlich einen gemeinsamen Vorfahren
Das wiederum liegt daran, dass es innerhalb der Citrusgruppe eine starke Neigung zur Bastardisierung gibt. So ist es zu erklären, dass erst seit 2015 durch genetische Untersuchungen geklärt ist, dass die Ur-Mutter aller heutigen Zitruspflanzen die Chinesische Buchsorange (Severina buxifolia) ist. Die ertsten eigenständigen Arten, die entstanden, waren Zitronatzitrone, Mandarine und Pampelmuse (NICHT Grapefruit!). Daraus entstanden dann alle weiteren Arten.
Mit dem Begriff „Zitrone“ wurde anfangs ausschließlich die eher mild schmeckende Zitronatzitrone benannt. Erst später übertrug sich der Name auf die Zitronen in der Ausprägung, wie wir sie heute kennen. Die saure Zitrone (Citrus x limon) ist eine Hybride, wie man an dem x im Namen erkennen kann. Der eine Kreuzungspartner war die Zitronatzitrone (Citrus medica), der andere die Bitterorange (Citrus x aurantium). Die Bitterorange, auch Pomeranze genannt, ist durch das x im Namen ihrerseits als Hybride ausgewiesen. Ihre Eltern waren Pampelmuse (Citrus maxima) und Mandarine (Citrus reticulata).
Im Italienischen wird die Zitronatzitrone cedro genannt, in der Mehrzahl „cedri“. Diese Bezeichnung bezieht sich auf den zedernfruchtähnlichen Geruch der Zitronatzitrone.
Die weiße Innenschicht wird zur Herstellung von Zitronat verwendet
Das Wort „citron“ ist im Englischen immer noch der Zitronatzitrone vorbehalten. Eine Zedrate kann gewaltige Ausmaße annehmen; bis 25 Zentimeter lang und je nach Größe zwischen 300 und 3000 Gramm schwer. Die Schale hat eine sehr wellige, warzig-höckerige Oberfläche. Die Außenschale ist – wie bei allen Zitrusfrüchten – mit Öldrüsen besetzt. Wenn man die Frucht aufschneidet, überrascht sie mit einem sehr kleinen Innenleben und einer sehr dicken Albedo-Schicht. Diese weiße Innenschicht wird zur Herstellung von Zitronat verwendet. Dazu wird die Flavedo, die dünne gelbe Außenhaut, entfernt. Aus ihr werden durch Kaltpressung ätherische Öle hergestellt. Beliebt sind die Früchte der Sorte „Diamante“ aus Kalabrien und Sizilien. Bei ihr gilt die weiße Innenschale als besonders saftig und genießbar. (Gesund ist die Albedo bei jeder Zitrusfrucht wegen ihres Vitamingehaltes und in ihrer Funktion als Ballaststoff.) Die Segmente können sauer oder ziemlich süß sein.
„Vitamin C- Gehalt“ und „Zitrusfrüchte“ sind fast schon ein Synonym geworden. Aber auch hier gilt: So unterschiedlich der Charakter der einzelnen Arten und Sorten ist, so verschieden hoch sind auch die Gehalte von Vitamin C und anderen Stoffen. In jedem Fall eignet sich eine Zedrate zur Herstellung eines köstlichen Carpaccios:
Rezept Zitronen-Carpaccio
Zutaten:
- Zitronatzitrone oder Bio-Zitrone mit dicker Schale
- Salz und Pfeffer
- Olivenöl
Zubereitung:
Frucht sehr dünn aufschneiden, auf einem Teller auslegen, mit Salz und Pfeffer würzen, mit Olivenöl beträufeln, genießen.
Erstaunlich, dass diese Köstlichkeit ziemlich weit aus dem Blickfeld der Menschen gerückt war!
Tipp: Zitronenduft vertreibt Tristesse
Du kennst diesen Duft, wenn du eine Mandarine schälst? Er verteilt sich wohltuend im Raum und verbreitet Sommerduft an grauen Nebeltagen!
Leider sind Zitronatzitronen nicht das ganze Jahr über zu haben. Sie reifen in den Wintermonaten und können viele Wochen am Baum bleiben. Unbeschädigte Exemplare können deshalb ähnlich wie Quitten zum Beduften von Räumen oder Schränken genutzt werden. Auch die Parfümindustrie hat den „Wohlgeruch des Orients“ schon lange entdeckt und für sich genutzt.
In der Aromatherapie fördert der Duft der Zitrone im Allgemeinen die Konzentration und macht munter. Der Geist wird wach und vertreibt den innereren Schweinehund …
Rezept: Erfrischende Duftlampen Mischung
Zutaten:
- 3 Tropfen Pfefferminze
- 1-2 Tropfen Zitrone
- 1 Tropfen Zypresse
Die ätherischen Öle in die Wasserschale der Duftlampe geben.
(Aus Lavendelo 15, Sommer 2020 „Düfte verbinden“ Artikel von Petra Nadolny www.kräuterschmiede.de)
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Fotos: 1 ©Johann Werfrin, 2 ©Andrey Korzun, 4 ©Richard Huber